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You were something special

von

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6.

Der Abend dämmerte und Vegeta sah von seinem Platz auf dem Bett auf und verengte die Augen, weil er einen Moment zu lange brauchte, um die Realität wieder zu beschreiten, sie in sich aufzunehmen und zu verarbeiten. Es dauerte schlicht und einfach einen Augenblick zu lange, nachdem er seine Erledigungen fertig hatte und sich in diesen Raum zurückgezogen hatte, den er seit so vielen Jahren, so vielen Jahrzehnten nicht mehr betreten hatte.

Aber er hatte nicht in ihr gemeinsames Schlafzimmer gehen können.

Der vage Duft ihrer Shampoos, der wahrscheinlich noch immer in ihrem Kissen hing und der allgemeine Geruch, der ihr immer so eigen gewesen war; all die vielen Erinnerungen, die sich in diesem Zimmer sammelten und ihm wahrscheinlich den Boden unter den Füßen weggezogen hätten, bevor er es überhaupt ganz betreten hätte. Ihre Kleidung, die noch immer im Schrank hing und nur eine einzige Bewegung gebraucht hätte um erneut an sein Auge zu dringen und ihm wahrscheinlich nur wieder Tränen bitterer Enttäuschung und endgültigem Verlustes in eben jene zu treiben.

Verlorene Träume und neue Hoffnungen, die sich jetzt unter dem Verlust türmten und unter ihnen begraben wurden, so dass nichts weiter übrig blieb als ein Trümmerhaufen eines Lebens, das nicht mehr sein durfte, das er von nun an alleine verbringen musste und automatisch senkte sich sein Blick ein weiteres Mal auf den Boden zu seinen Füßen, so wie er die ganze Zeit schon hier gesessen hatte. Die Arme auf den Knien abgestützt hatte er die Finger ineinander verschlungen und versuchte sich selbst von Anbeginn dieser Zeit an davon abzuhalten wieder aufzustehen und zu ihr zurückzukehren.

Ihren Wunsch zu verhindern, weil alleine der Gedanke daran ausreichte um ihm einen Kloß in der Größe dieses verdammten Landes in den Hals zu treiben und jeden weiteren Atemzug zu einer reinen Qual zu machen, ihm doch noch die Tränen in die Augen zu treiben. Er blinzelte sie davon, schloss die Augen und hoffte gegen das furchterregende klamme Gefühl in seinem Brustkorb ankämpfen zu können, dass ja doch nur wieder in Geräuschen enden würde, die er heute einmal zu oft gehört hatte.
 

Aber er durfte nicht zurück.

Es würde die ganze lange Planung wieder zunichte machen, weil er schon genug Zeit verschwendet hatte... wobei dieses Wort vielleicht ein wenig zu hart erschien und er all die langen Stunden nur dazu gebraucht hatte, um sich zumindest einigermaßen darauf vorzubereiten, die Tatsache zu akzeptieren und als die Realität zu sehen. Wenn er das nicht gemacht hätte, wenn er nicht all diese Stunden stumm an ihrem Bett verbracht hätte, dann wüsste er wirklich nicht, ob er es akzeptieren hätte können, doch so war ihm schlicht und einfach nichts anderes übrig geblieben, weil die Zeichen so eindeutig waren, dass selbst er sie nicht mehr abstreiten konnte.

Es lief kein Leben mehr durch diesen Körper.

Ihr Herz war stehen geblieben und vielleicht war es nach so langer Zeit ja auch gut so und genau das, was sie in diesen dunklen Stunden ihrer selbst gebraucht hatte. Dass sich ihr Geist von ihr lösen konnte und ein neues Leben beginnen konnte, fernab dieser grausamen Welt, in der man die Liebsten ja doch irgendwann alleine lassen musste.

Ir Licht war erloschen und würde auch nicht wiederkommen und so sehr er sich auch selbst gegen diese unumstößliche Wahrheit gewehrt hatte, so sehr er in seinem Inneren gehofft hatte, dass es nicht wahr sein würde und dass dort irgendwo, in den tiefsten Tiefen ihres Körpers noch eine winzig kleine Flamme loderte, er hatte gewusst und gespürt, dass es nicht so war. So dass sich nur seine vagen und sinnlosen, ja beinahe naiven Hoffnungen zerschlugen, je länger er dort gesessen und weiter gehofft hatte, die Zeit zum stehen bleiben wünschte... nur um ihm eine letzte, eine letzte und kleine Chance zu geben.

Aber die Zeit blieb nicht stehen und sie hatte ihm so unmissverständlich klargemacht, dass sie das niemals tun würde. Und es schmerzte, schmerzte noch immer so tief in seinem eigenen Herzen, dass er dachte, es würde jeden Moment selbst still stehen bleiben und ihn im Stich lassen, so wie sie ihn alleine gelassen hatte.
 

Er schüttelte den Kopf und hielt die Augen geschlossen, wunderte sich, fragte sich wirklich wie es von hier aus weitergehen sollte. Wie er diesen schweren und steinigen Weg alleine beschreiten sollte und mit der Gewissheit leben musste, dass sie nicht mehr an seiner Seite stand. Dass sie ihm seine Fehler nicht mehr verzeihen würde und er letzten Endes derjenige war, der ihr den ihren verzieh. Der ihr einen einzigen Wunsch erfüllte, nachdem er ihr schon so viele andere zuvor erfüllt hatte. Er fragte sich wirklich, ob er diesen Tag noch überstehen würde, oder ob ihn seine letzte verbliebene Kraft doch noch verlassen würde bevor er seine Aufgabe erledigt hatte.

Er fragte sich, ob er es schaffen konnte, ohne das Wissen zu besitzen, wie er es machen sollte.

Dieser Weg war mit einem Mal so lang und steinig, dass er einfach nicht wusste, an welchem Punkt er stolpern würde, nur um am Ende ihren Wunsch in den Sand zu setzen, so wie er so vieles andere zuvor schon in den Sand gesetzt hatte.

Seine Augen begannen hinter seinen geschlossenen Lidern zu brennen und bevor er sich versah, bevor er es überhaupt richtig registriert hatte und dagegen hätte ankämpfen können, krallten sich seine Finger ein wenig fester ineinander und durchschnitt ein leises Schluchzen die relative Stille dieses Raumes, der nicht mehr der Seine war. Und er begann sich zu fragen, während es ihm die Kehle zuschnürte und er einfach nichts mehr dagegen tun konnte, nicht mehr dagegen angehen konnte, wie lange ihre Vorbereitungen noch andauern würden, wie lange sie ihn hier alleine sitzen lassen wollten, ohne dass es weiterging.

Es tat weh so zu denken, aber er konnte die Zeit nicht ertragen, musste es hinter sich bringen, bevor er vollends alle Kraft verlor und den Willen, ihren Wunsch wirklich zu erfüllen, in den Tiefen seines Geistes begrub.

Nur um sie bei sich zu halten, sie ein letztes Mal zu sehen, zu berühren - auch wenn diese Erfahrung wahrscheinlich mehr als nur schmerzhaft werden würde.
 

Er fragte sich, wie lange Formalitäten andauern konnten.

Wie viele Dinge wirklich erledigt werden mussten. Es war nicht so, dass er sich niemals damit beschäftigt hatte, aber er hatte eine Art Vertrag mit seiner Frau geschlossen, die ihn lediglich für die letzten Züge verantwortlich machte. Alles andere wollte sie klären, alles andere sollte erledigt sein, wenn sie schließlich von ihm gehen würde und er hatte ihr vertraut, weil er keine andere Wahl hatte. Weil er sich nicht mit diesen Dingen auseinandersetzen wollte und immer die schleierhafte Hoffnung gehegt hatte, dass es dann nicht so eintreten würde - aber seine eigene Unwissenheit machte ihn nur noch fertiger als alles andere zuvor.

Er hatte sich niemals wirklich darum gekümmert, hatte ihr die Sache überlassen und konnte nun nur noch einmal schlucken und hoffen, wirklich hoffen, dass er es schaffen würde.

Ein etwas träges und nicht ehrliches Lächeln schlich sich auf seine Lippen, ein minimales Anheben seiner Mundwinkel, die sich sofort wieder nach unten zogen und er das Gefühl bekam, dass sich seine Finger ineinander verkrampften, so dass er sie nicht mehr lösen würde können. Er hatte es so lange von sich geschoben, so lange die Wahrheit nicht sehen wollen, die sich so ehrlich und wahrhaftig vor seinen Augen abgespielt hatte, dass sich der Kloß in seinem Hals in einen scharfkantigen Felsen verwandelte, der mit dem nächsten Schlucken alles aufriss, das er zu fassen bekam. Beinahe konnte er das Blut schmecken, das sich in seiner Kehle ausbreitete und schüttelte den Kopf darüber, verwünschte und verfluchte den Gedanken, schob ihn zurück in seine Entstehung.

Er war nicht so schwach, er würde es schaffen.

Auch wenn ihn der Verlust mehr mitnahm, als er zu Anfang angenommen hatte, als er jemals an sich heranlassen wollte, es blieb ihm gar nichts anderes übrig, weil sie es so wollte. Und wer war er, ihr einen Wunsch zu verwähren? Ihr die Passage in die Nachwelt so einfach wie möglich zu machen und sich selbst zu vergewissern, dass sie auch ordentlich dort ankommen würde. Wer war er, dieser Frau etwas abschlagen zu können?

Das hatte er doch von Anfang an nicht gekonnt.
 

~~~***~~~

"Gut?" Es war eigentlich keine wirkliche Frage und ich stellte fest, dass sie mich mit ihren Blicken förmlich auf meinem Platz halten wollte, diese unnütze Frage stellte, weil sie noch nicht wollte, dass ich ging. Aber ich hatte nicht vor hier zu bleiben, ich war müde und wirklich geschafft von meinem eigenen Training und auch wenn ich wusste, dass es mich nicht weiterbringen würde zu schlafen, so wusste ich dennoch, dass es mich noch weniger weiterbringen würde wenn ich nicht die Ruhe fand, die sich mein Körper so sehr wünschte. Innerlich seufzte ich leise und sah sie wieder schlicht und einfach an, so dass es ihr am Ende zu dumm wurde und eine ihrer Augenbrauen nach oben rutschte.

Ich hätte gegrinst, wenn mir danach gewesen wäre, so aber legte ich nur meine Ellenbogen auf den Tisch und stützte mein Kinn schließlich auf die zusammengefalteten Hände, nur um es ihr nachzumachen und sie nun meinerseits anzustarren.

Sie schluckte schwer und presste für einen Moment die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen, bevor ihr Blick mich für einen Augenblick verließ und schließlich wiederkehrte, nur damit sie die Lippen öffnete und am Ende doch nichts daraus hervorkam. Wahrlich amüsant, das musste ich mir selbst eingestehen, aber das machte die Tatsache am Ende nicht ungeschehen, dass ich nach meiner Mahlzeit noch immer hier saß und nicht gegangen war. Dass ich ihrem Wunsch gefolgt war und ihren Nachtisch gegessen hatte, nur damit sie sich lustig über mich machen konnte und ich verengte bei dem Gedanken leicht die Augen.

"Es ist wirklich nicht leicht zu erahnen, an was du manchmal denkst.", sagte sie nun und starrte mir dabei so unverwandt in die Augen, dass mir wieder nichts blieb, als meine Braue nach oben rutschen zu lassen. Was meinte sie nun wieder damit?

Ich hatte meine Gründe mich zu verschließen, ich hatte wirkliche Gründe niemals offen preiszugeben, an was ich wirklich dachte, weil es früher schlicht und einfach mit meinem Tod hätte enden können. Es war einfacher alles aus meinem Blick herauszuhalten und so zu tun, als wäre ich die Marionette, zu der Freezer mich schon immer machen wollte, nur um mich innerlich doch von meinem Hass auf ihn zu nähren und zu überleben. Meine Wut zu bündeln und sie an jenen auszulassen, die eigentlich nichts dafür konnten, aber selbst dieses Thema war abgeschlossen, selbst diese Episode beendet, selbst wenn ich leider nichts dazu hatte beitragen können.

Wenn ich mir wieder einmal den Arsch hatte retten lassen.
 

"Was ist so wichtig daran, Onna?", stellte ich die Frage, die mir als erstes in den Geist sprang, weil ich es immer noch nicht verstand. Aber ich musste zugeben, dass sie es ein weiteres Mal geschafft hatte mich hier zu halten, denn normalerweise hätte ich wirklich endlich aufstehen und gehen sollen. Stattdessen ließ ich mich in dieses mehr als unwichtige Gespräch ziehen, von dem ich wahrlich keinen Nutzen hatte.

"Du verstehst mich falsch." Sie seufzte leise und löste ihre Hände, um sich erneut eine Strähne hinter das Ohr zu schieben und lächelte dabei dieses Lächeln, das es nicht ganz schaffte ihre Augen zu erhellen. "Es ist mir wichtig, was du denkst. Ich möchte es gerne wissen." Sie betonte die Worte, um mir eindeutig und unmissverständlich klarzumachen, dass sie es wirklich so meinte und ich konnte nicht anders, als verwirrt meine Brauen wieder nach unten zu ziehen. Was sollte das werden? Sie verunsicherte mich, ich wusste wirklich nicht, auf was sie hinauswollte, wenngleich ich diese versteckte Ahnung hatte und sie doch nur wieder damit kaschierte, in meinen eigenen Gedankengängen von früher zu landen.

Beobachte deinen Feind, finde heraus, was er macht und was er denkt und der Schlag gegen ihn wird umso schmerzhafter, wie auch erfolgreicher. So wie ich es schon mit ihr getan hatte, nur um doch kein Ergebnis zu erzielen, weil diese Frau immer dasselbe machte und nicht die geringsten Anstalten erkennen ließ, dass sie etwas gegen mich plante. Aber war das nicht, was jeder Feind tun würde? Erst alle Schwächen analysieren und niemals offen zuzugeben, dass er es tat?

"Da gibt es nichts, was dich etwas angehen würde." Tat es wirklich nicht und ich sah ihr dabei so stechend und intensiv in die Augen, dass sie nach wenigen Augenblicken den Blick erneut zur Seite schnellen ließ. Tief einatmete und wohl zu überlegen schien, wie ihr nächster Schritt aussehen könnte, während Enttäuschung ihre Augen kreuzte. War es ihr wirklich so wichtig? Was hatte sie davon meine Gedanken zu kennen, welche Erkenntnis würde das Tuch lüften und sie einen Schritt weiter an das bringen, was sie wollte und von dem ich noch immer nicht wusste, was es war?
 

Aber ich gab ihr nicht mehr die Zeit dazu, weiter darüber nachzudenken.

Stand ich doch im nächsten Atemzug auf, nachdem ich diese seltsame Position gelöst hatte und wandte mich dem Gehen zu, weil ich genug Zeit verschwendet hatte. Eigentlich wollte ich nur Essen und mich dann hinlegen und ich begriff nicht, was mich so lange hier gehalten hatte, ob es wirklich nur der flehende Unterton in ihrer Stimme gewesen war, oder gar die Tatsache, dass sie dieses Essen beinahe bereitwillig auf den Tisch gebracht hatte.

Aber ich hatte sie nicht darum gebeten.

Ich kam auch gut alleine klar und war nicht zwingend auf dieses Haus oder gar diesen Kühlschrank angewiesen. Ich war nicht auf ihre Hilfe angewiesen, weil ich keine Hilfe brauchte und zur Not, wenn es gar nicht anders ging, auch in freier Natur irgendwas gefunden hätte, das mich am Leben hielt. Es war nicht so, dass ich nicht früher schon alleine Missionen erledigen musste und es da nun einmal keine Rationen gab, die ich hätte mitnehmen können.

Friss oder stirb und wenn man an einer gewissen Grenze angekommen war, dann tötete man von ganz alleine um selbst zu überleben.

Ich marschierte aus der Küche und ballte ganz nebenbei meine Hände zu Fäusten, weil mir dieses Leben hier einfach nichts geben konnte. Wie konnte man die gesamte Zeit so sehr verschwenden, wie konnte diese Spezies so alt werden, wenn man ihre lächerliche Kampfkraft bedachte und wie hatte dieser Planet es geschafft mit solchen Luschen drohenden Gefahren aus dem Weg zu gehen? Wie hatten sie sich so weit entwickeln können, dass sie es sogar schafften andere Planeten zu bereisen, nur um sich förmlich auf dem Silbertablett zu servieren und nichts, wirklich rein gar nichts zu ihrer Verteidigung hervorzubringen?

Es war wirklich lächerlich, vor allem aber, dass ich überhaupt hier war.
 

"Vegeta, jetzt warte doch mal!" Was wollte sie denn jetzt schon wieder? War es für sie denn so schwer zu verstehen, dass ich meine Ruhe haben wollte, dass ich verdammt noch mal nichts von ihr wollte, egal wie viele Mahlzeiten sie mir vorsetzte, egal auf welche Art sie mir näherkommen wollte?! Ich konnte ihre hektischen Schritte im Flur widerhallen hören und verengte die Augen, während sich die Verkrampfung meiner Hände gar nicht mehr lösen wollte und als sie bei mir angekommen war, als sie ihre schmale und zierliche Hand auf meine Schulter legte, um mich erneut zum Stehen bleiben zu zwingen, setzte etwas in mir aus.

Ich wirbelte herum und wusch sie mit einer einzigen Bewegung meines Armes zur Seite.

Sie keuchte auf und noch während sich ihre Augen überrascht weiteten, war sie auch schon an die Wand geprallt und gab ein weiteres ersticktes Keuchen von sich, verzog das Gesicht zu einer schmerzlichen Grimasse. Ich biss die Zähne zusammen und bedachte sie mit dem kältesten Blick, den ich im Moment aufbringen konnte, verengte erneut meine Augen und knurrte tief in meiner Kehle, aber wenn man so darüber nachdachte, war eben jenes Geräusch eigentlich nicht gegen sie gerichtet, sondern gegen mich.

So nervig und penetrant diese Frau wirklich war, ich hatte ihr nicht wehtun wollen.

Ich hatte ihr lediglich auf meine Weise sagen wollen, dass sie mich endlich in Ruhe lassen sollte und setzte ein weiteres Knurren hinterher, nur um sie noch einmal anzufunkeln.

"Vegeta..." Ihre Augen sprachen Bände. Sie verstand es nicht und doch trat nicht ein einziger Hauch Wut über mein Verhalten in sie, kam es mir beinahe so vor, als würde sie es verstehen und machte mich nur wütender. Was dachte sie sich eigentlich dabei?

"Bist du jetzt endlich fertig damit, mir hinterher zu rennen?!" Sie zuckte anhand der Schärfe in meiner Stimme zusammen und verengte nur Sekundenbruchteile später ihre eigenen Augen.

Oha.

So schwach dieser dumme Mensch auch war, so zierlich ihr Körper auch war und so wenig er in ernsten Situationen auch aushalten würde, sie schien es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, darüber hinwegzusehen und ihren sturen Schädel durchzusetzen.
 

"Nein, bin ich nicht!", fauchte sie zurück, in ihrer eigenen Stimme ein Hauch von etwas, das ich nicht kannte und nicht bestimmen konnte. Vielleicht war es Wut, vielleicht Angst, aber auf jeden Fall war es genug um sich wieder von der Wand zu stemmen, nicht ohne dabei abermals das Gesicht zu verziehen. Wusste sie wirklich nicht, dass ich sie hätte instinktiv umbringen können, oder verdrängte sie diese kleine Tatsache nur erfolgreich?

"Und wenn du denkst, dass mich das aufhalten wird, dann hast du dich ganz gewaltig geschnitten!", setzte sie dem an und hatte dabei einen Ausdruck in ihrem Gesicht, der mir nur eine Braue nach oben zog, bevor sie die wenigen Schritte wieder auf mich zukam und mir den Zeigefinger in die Brust zu bohren versuchte.

"Oh Herr vergib mir, aber ich will nun einmal wissen was in dir vorgeht und dich besser kennenlernen, ist das in deinen Augen ein so großes Verbrechen?!" Wieder versuchte sie mir ihren Finger in die Brust zu bohren und noch während ich sie anfunkelte griff ich nach ihrem Handgelenk um sie daran zu hindern. Sie verzog nicht einmal das Gesicht, war nicht einmal überrascht von meiner Handlung und ich konnte mich nur fragen, wie viel Zeit sie wirklich mit Kakarott verbracht hatte um so sorglos, so angstfrei zu sein.

"Es gibt nichts zu wissen, Onna, und das ist mein letztes Wort. Lass mich in Ruhe, verschwinde und kümmer dich um deinen eigenen Scheiß!", spie ich ihr entgegen und drückte ein wenig zu, nur um doch endlich die gewünschte Reaktion zu ernten, während ich mich ein wenig nach vorne lehnte um meine Worte zu bekräftigen.

"Andernfalls, und ich sage es wirklich ungern, könnte ich sehr ungemütlich werden." Entgegen der Wut in meinem Inneren blieb ich ruhig, drückte nur abermals ein wenig fester zu und sah das schmerzliche Verziehen ihres Gesichtes, nahm es in mich auf und versuchte das schlechte Gewissen, dass sich dabei tief in mir meldete, abzuwürgen. Sie hatte es nicht anders verdient, redete ich mir ein und schleuderte sie schließlich mit einer kurzen Bewegung meines Handgelenkes davon, so dass sie abermals an der Wand landete, an der sie schon einmal stand.
 

Ihr Gesicht, ihre Augen betrogen ihre wutentbrannte Fratze.

Sie war verletzt und enttäuscht, rieb sich beinahe automatisch und abwesend das Handgelenk, während ich sie nur noch Sekunden musterte, ein weiteres Knurren zu Tage förderte und meine Worte versuchte zu unterstreichen.

Aber ich hatte keine Zeit für diesen Scheiß, verdammt noch mal!

Ich musste stärker werden und auch wenn ich ihr wirklich, wirklich nicht hatte wehtun wollen, so musste es sein, um meinen Standpunkt klarzustellen, musste es sein um ihr zu zeigen, dass ich wirklich nicht der richtige Mann für ihre Interessen war. Dass ich ganz andere Dinge vorhatte, und die lagen nun einmal nicht in diesen zwischenmenschlichen Dingen, sondern darin, stärker zu werden!

Es war mir egal, was sie dachte, versuchte ich mir einzureden. Es war egal, dass ich sie verletzt hatte, mit meinen Worten wohl mehr als mit meiner Tat... aber ich hätte damals auch nicht angenommen, dass es sie auch nicht aufhielt.

Dass sie es einfach vergessen oder verdrängen würde und keinesfalls daran dachte, meinen Worten auch zu folgen. Meinem Befehl folge zu leisten, sondern ihren eigenen Kopf durchzusetzen, keine Angst zu zeigen.

~~~***~~~
 

Die Erinnerung ließ ihn das Gesicht verziehen, während sich das allbekannte Gefühl leichter Schuld in ihm versuchte auszubreiten, das ihm allerdings auch nicht mehr weiterhelfen konnte. Er entkrampfte seine Finger und ließ seinen Kopf in seine Hände sinken, während sich ein freudloses Lachen aus seiner Kehle stahl und ihn glauben ließ, dass er den Verstand verlor. Nein, es war keine Schuld, die er dieser Szene, dieser alten Erinnerung gegenüber empfand, es war beinahe schon Stolz über ihren so endlosen Dickkopf, über ihren langen Atem und die unglaubliche Geduld, die furchtlose Vehemenz, die sie ihm gegenüber an den Tag gelegt hatte und die sich niemals geändert hatte.

Jetzt allerdings war all das vorbei und erneut zog sich ein bekannter Schmerz durch seine Seele, zerriss den letzten Fetzen seines schmerzenden Herzens und verbreitete sich von dort aus durch seine Venen, setzte sich in jeder Faser seines Körpers fest.

Er hätte wirklich nicht gedacht, dass sich aus dieser so weit in der Vergangenheit liegenden Szene, so etwas wie jetzt entwickelte. Er hätte wirklich nicht angenommen, dass sich die Prioritäten von damals so sehr verschoben, dass er sie eines Tages sogar auf seinen Händen tragen würde - besonders in letzter Zeit. Aber er konnte nicht anders, hatte die fruchtlosen Versuche zu laufen, von einem Ort zum anderen zu gelangen und dabei beinahe zu stürzen, einfach nicht mehr ansehen können, sie nicht mehr in sich aufnehmen können, so dass er dazu übergegangen war.

Und nun hinterließ diese Erkenntnis nichts als Verlust.

Nichts als Schmerz, der sich in ihm festsetzte und einfach nicht mehr weichen wollte, nicht an Intensität abnehmen wollte und stattdessen nur immer stärker wurde, je mehr Zeit ins Land strich und je weiter die schmerzliche Erkenntnis in seine Seele eindrang.

Sie erneut schwarz werden ließ.
 

Vegeta nahm einen zittrigen Atemzug um die quälenden Tränen in Schach zu halten, weil sie auch nichts mehr an der Wahrheit ändern konnten, weil sie sie auch nicht wieder zu ihm zurückbrachten und biss die Zähne aufeinander, als sich ein allbekannter Druck in seiner Brust versuchte aufzubauen. Viel zu oft in letzter Zeit hatte er sich so gefühlt, viel zu oft hatte er gehofft und doch dabei zusehen müssen, wie alles immer weiter vor seinen eigenen Augen zerfiel und nicht wieder zu reparieren war. Viel zu oft hatte er sich ihm hingegeben und dadurch auch nichts ändern können, die grausame Realität nicht aus seinem Leben verbannen können, so dass am Ende nur noch das hier übrig blieb.

Ein viel zu langer Moment, der sich in die Unendlichkeit zog und ihm bewusst machte, wie sehr er sie wirklich geliebt hatte, wie viel Zeit verstrichen war und wie viel Gefühl sie wirklich aus ihm herausgekitzelt hatte.

Die Türklinke zu diesem Zimmer drückte sich nach unten, aber wusste schon wer es war, bevor sie sich überhaupt geöffnet und er den Blick gehoben hatte.

"Dad?" Wann war dieser Junge eigentlich dazu übergegangen ihn so zu nennen? Im Nachhinein entfiel ihm die Zeit wirklich ein weiteres Mal, aber wenn er sich recht entsinnte musste es um die Zeit auf dem College gewesen sein, der unrühmliche Einfluss dieser ausländischen Studenten, die nichts anderes zu tun hatten, als ihre Kultur mit Fremdgut zu besudeln. Nicht, dass er jemals einen Wert darauf gelegt hätte und jetzt endlich seinen Blick hob, um seinen Sohn anzusehen.

"Es ist... alles vorbereitet. Sie warten nur noch auf dich." Er konnte sehen, wie Trunks die Lippen zusammenpresste, bevor er dazu überging auf der Unterlippe herumzukauen und er sich nur wundern konnte. Schlicht und einfach wundern, wann seine Kinder derart alt und erwachsen geworden waren, dass sein eigener Sohn den Verlust seiner Mutter beinahe besser zu verkraften schien als er selbst. Er konnte sich nur fragen, was er richtig und was er vielleicht falsch in seiner Erziehung gemacht hatte, aber am Ende blieb die Erkenntnis, dass aus ihm etwas geworden war, das vielleicht nicht seinen eigenen Vorstellungen entsprach, aber in irdischen Maßstäben etwas sehr Gutes darstellte.
 

Er nickte und stand langsam auf, versuchte das Zittern seiner Knie, seiner Hände unter Kontrolle zu halten. Das hier war ihr Wunsch und er würde ihn durchführen. Alles, was danach kommen würde, war von ihr geregelt, alle irdischen Maßnahmen, die hier nun einmal so üblich waren, waren danach nichts mehr als Schein, weil es ihren Körper sowieso nicht mehr geben würde.

Nichts mehr, was es galt zu beerdigen, aber sie hatte es so gewollt.

Er war nicht in der Position, ihr diesen Wunsch zu verwehren, nicht wenn er ihr beinahe keinen anderen Wunsch hatte verwehren können. Er war nicht in der Lage sich wieder zu setzen und den Kopf über die Absurdität der Gesamtsituation zu schütteln, während eine alles umgreifende Verzweiflung sich seines Geistes bemächtigte und ihn lähmen würde, ihn nicht fähig machen würde diese Tat zu vollführen. Es würde ihn lähmen und das tat es auch jetzt schon, weshalb er nur einen stärkenden Atemzug nahm und seinem Sohn ein weiteres Mal in die Augen sah.

Da stand Schmerz.

Aber auch das Wissen darum, die unglaubliche Erkenntnis, was wirklich in seinem Vater vor sich ging. Wie schwer es ihm wirklich fiel, bevor er leise zur Seite trat, damit er an ihm vorbeigehen konnte. Damit Trunks ihm auf diesem Weg folgen konnte, so wie es ihr Wunsch gewesen war. Und Vegeta schluckte, weil er wirklich nicht wusste, ob er es schaffen würde, weil er wirklich nicht wusste, ob diese eine Tat am Ende seinen Geist völlig zerfetzen würde.

Aber er musste es tun und lief mit schweren Schritten durch das Haus, bis er letzten Endes im Garten angekommen war und ein weiteres Mal die Augen schließen musste.

Engste Freunde, zumindest die, die selbst noch am Leben waren, bedachten ihn mit einem Blick, der es ihm eiskalt den Rücken hinunterlaufen ließ, der ihm am liebsten auf der Stelle neue Tränen in die Augen treiben wollte und so holte er tief Luft, bevor er sich zur Seite wandte und weiter lief.

Nur noch ein paar Schritte, dann war es vorbei.

Nur noch ein paar Minuten, die er aushalten, die er stark sein musste, dann war dieser Albtraum beendet. Auch wenn er wusste, dass dem keineswegs so war.



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